Bei Heu handelt es in der Regel um Nahrung für die Kühe im Winter. Allerdings ist Heu auch trinkbar. Und dabei spricht man nicht von der Milch, welche die Kühe nach ihrem Verzehr von Heu abgeben. Denn bereits seit dem Jahr 2016 gibt es das trinkbare Heu – ganz ohne Umweg über Kühe.
Was ist Heulimonade?
Kreiert wurde das Heu-Soda vom Bio-Landwirt „Martin Ritter“ aus Ostheim, und vom ehemaligen Bionade-Chef „Peter Kowalsky“. Aus diesem Getränk ist mittlerweile eine erfrischen Heu-Limonade entstanden. Aber wie genau kommt man auf solch eine Idee? Wie Kowalsky und Ritter im Gespräch mit der „Mainpost“ berichten, durch reinen Zufall. Kowalsky und Ritter hatten schon seit längerer Zeit die Idee, den regionalen Geschmack und Geruch – also die Essenz der Rhön – einzufangen, um sie daraufhin unter die Leute zu bringen. Den Geruch von frischem Heu empfanden sie dabei als typisch für diese Region. Und ihre Grundidee war es, diesen Geruch zu konzentrieren.
Extraktion mit Alkohol
Laut Kowalsky funktioniert dies mit Alkohol. Das Heu wird in sterilen Eimern in reinen Alkohol getränkt. Dadurch werden die Geschmacksstoffe entzogen. Durch ein besonderes Verfahren wird dann der Alkohol wieder von der Flüssigkeit getrennt, woraufhin diese dann eingedampft wird. Die Anlage dafür besitzt Kowalsky selbst. Ein sattgrünes Konzentrat ist das, was übrig bleibt.
Schon in Kleinstmengen vermittelt es den Eindruck, dass man im angenehm duftenden Heu stehen würde. Wie Ritter und Kowalsky erklären, ist dafür nur Heu von der Hochrhön geeignet. Sie sagen: „Das muss an den dortigen Kräutern liegen“. Zwar wurde mal ein Versuch mit handelsüblichem Heu einer Ostheimer Wiese unternommen, allerdings kam dabei am Ende nur ein kaum riechendes und etwas dunkleres Konzentrat heraus.
Die beiden Erfinder hatten daraufhin mehrere Ideen, was man mit dem Konzentrat machen könnte. Beispielsweise eine Seife, oder gleich eine komplette Kosmetikserie. Erfolgreich ausprobiert hatten sie auch schon einen Saunaaufguss. Und eines Tages saßen die beiden zusammen in Ritters Küche, wo ihnen dann von allen Möglichkeiten die einfachste einfiel. Es kam ihnen die Idee, einfach ein bisschen von dem Konzentrat in Wasser aufzulösen. Und damit war das Heu-Soda geboren. Dieses ließen sie dann nach mehreren Versuchen in einer Kelterei in Frankfurter Nähe produzieren. Laut Ritter war das Kontentrat derartig intensiv, dass sie bei ihren ersten Versuchen auf eine Pipette angewiesen waren.
Polarisierendes Heu-Soda
Die Reaktion fiel bei den Menschen, die das Heu-Soda probierten, vollkommen unterschiedlich aus. Laut Ritter waren sie entweder direkt begeistert, oder sie lehnten es komplett ab. Dazwischen habe es nichts gegeben. Besonderen Anklang fand das Getränk bei den Menschen, die bewusst zuckerlosen Getränken den Vorzug geben. Wirtschaftlich betrachtet wäre ein solch polarisierendes Getränk wahrscheinlich kein großer Erfolg, so waren sich die Erfinder einig. Kowalsky stellte fest, dass es „einfach etwas zu spezielles“ gewesen sei.
Durch die Unterhaltung mit einer Parfümeurin kam den beiden dann der Einfall, eine Heu-Limonade mit neuartig schmeckendem Aroma zu kreieren. Neben dem einen Prozent Rhön-Heu-Extrakt sind noch ein wenig Hopfenextrakt, Schlehensaft, Quittensaft, Zitronensaft und Holunderblütenextrakt darin enthalten. Laut Ritter kommen dann noch etwa 5% Zucker dazu. Sowohl die Quitte, als auch das Heu lassen sich deutlich herausschmecken. Der Geschmack lässt einen sofort an eine Scheune voller Heu, oder an ein Heufuhrwerk erinnern.
Keine Flaschen & keine Kästen
Ritter und Kowalsky wollten eigentlich schon dabei sein, mit ihrem neu erfundenen Getränk richtig durchzustarten. Doch durch den langen Sommer 2018 wurde ihnen ein Strich durch die Rechnung gemacht. Sämtliche Abfüllbetriebe waren schon mit der Produktion eigener Getränke maximal ausgelastet. Sogar Kästen und Pfandflaschen gab es kaum noch. In der Nähe von Berlin konnte Kowalsky jedoch noch einen Abfüllbetrieb finden. Bislang sind dort etwa 5000 bis 6000 Flaschen (Stand 2018) abgefüllt worden. Laut Ritter reichen lediglich zwei kleine Heuballen, damit der notwendige Heuextrakt gewonnen werden kann.
Bisher sind die Absatzmärkte die Rhön und Berlin, wie Kowalsky erklärt. In einigen Berliner Kneipen und Clubs gibt es das neue Getränk bereits. Etwa 1000 Flaschen gingen alleine bei der Berliner Foodweek weg. Die Heu-Limonade steht in der Rhön zum Beispiel beim Hotel Reich in Mellrichstadt auf der Karte. Aber auch beim Dorint-Hotel, oder bei Kunzmann in Bad Rocklet lässt sich die Limonade auf den Speisekarten finden.
Heulimonade: Geschmack aus verschiedenen Regionen
Jeweils eine eigene Heu-Limonade für alle Biosphärenreservate herstellen – das können sich die beiden Erfinder Kowalsky und Ritter durchaus vorstellen. Jede Limonade hätte ihr ganz eigenes Aroma. Die beiden stellten fest, dass das Endergebnis der Heu-Limonade immer etwas anders schmeckt – je nachdem, von welcher Wiese das dafür verwendete Heu stammt. Angeblich sei das auch schon so bei verschiedenen Wiesen der Rhön der Fall.
Auf diese Weise hätte jede Region ihr eigenes Aroma. Für Ritter und Kowalsky ist gerade diese regionale Eigenständigkeit ein großer Schwerpunkt. Sie müssten nicht von irgendeinem entfernten Fleck auf der Welt ihre Rohstoffe (wie besondere Früchte) beziehen um daraus ihr Produkt herzustellen. Das würde auch mit den günstigen Ausgangsmaterialien aus der näheren Umgebung funktionieren. Dies wollen die beiden Pioniere mit ihrem neu entwickelten Getränk demonstrieren.
Kowalsky betont außerdem, dass er aus seiner Zeit in der Führung von Bionade einiges gelernt hat. Unter anderem haben die Erfinder ihr Verfahren nicht patentieren lassen, da man ansonsten alle Einzelheiten aus der Produktion offenlegen müsste. Diesmal würden sie auf einen Patentschutz verzichten, da laut ihnen sowieso nur sie wissen würden, wie man das Getränk herstellt.